Das Jahr 2008 war hauptsächlich von zwei Wahlgängen – den Parlamentswahlen im Frühjahr und den Landtagswahlen in Südtirol im Herbst – geprägt. Beide Male hat die stärkste Kraft im Lande, die Südtiroler Volkspartei (SVP), starke Einbußen erleiden müssen. Nach den ersten Wahlen ging das Wehklagen los, und sie suchten natürlich nach Schuldigen innerhalb der SVP. Sie fanden aber keinen und so versuchten sie unter den Fehlern und Missbräuchen, welche ihnen die Opposition hauptsächlich im Wahlkampf vorgeworfen hatte, etwas „Brauchbares“ herauszufinden, um das Gesicht trotzdem einigermaßen zu wahren.
Die Opposition sprach von Arroganz, Machtmissbrauch, von Postenschacher, Vettern- und Freunderlwirtschaft, Verschandelung der Landschaft durch Protzbauten und übermäßigen Bau von Liften, mangelndem Demokratieverständnis u.a.m. Die Regierungspartei versuchte zwar, einiges wieder wettzumachen mit finanziellen Unterstützungen in verschiedenen Bereichen wie Familie, mittelständigen Betrieben, welche durch die Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten waren. Sie hatte aber nicht begriffen, dass man mit solchen Maßnahmen und in fünf Monaten nicht wieder gutmachen kann, was sie in vielen Jahren verabsäumt hatte. Die Volksnähe ist der SVP verloren gegangen. Sie ist auf die Wünsche und Schwierigkeiten der Bürger nicht mehr eingegangen und hat zu selbstherrlich regiert. So war es vorauszusehen, dass sie bei den Landtagswahlen die zweite Niederlage einfahren würden.
Sie haben dann auch die Stimmenmehrheit verloren (41,1%) und konnten nur mit den Stimmen der Italiener die Mandatsmehrheit, also 18 Sitze im Landtag, retten. Danach hat der Kampf bei der Bildung der Landesregierung um die noch wärmeren Sessel begonnen, wer was wird und welche Kompetenzen erhält. Ein Macht- und Intrigenspiel, das mit Idealismus und Einsatz für Volk und Heimat wenig zu tun hat.
Was dem Heimatbund gar nicht gefällt, ist die Tatsache, dass man jetzt hergeht und jene Italiener belohnen will, welche der SVP das 18. Mandat – also die absolute Mehrheit im Landtag – gerettet haben, indem man ihnen die Mitgliedschaft anbietet. Das ist ein absoluter Bruch des Autonomiestatutes und dadurch wird der Pariser Vertrag auf den Kopf gestellt! Er ist nämlich abgeschlossen worden zum Schutz der deutschen und ladinischen Bevölkerung in Südtirol vor Überfremdung, damit wir unsere Identität und Kultur weiter erhalten können. Wenn die SVP im Lager unseres „politischen Gegners“ auf Stimmenfang geht und sie auch erhält, dann ist etwas faul in dieser Partei, dann hat sie als ethnische Partei ausgedient und das Recht, das Südtiroler Volk zu vertreten, verspielt!
Die Sieger der Landtagswahlen 2008 waren die Südtiroler Freiheitlichen mit 5 Mandaten und die Südtiroler Freiheit – freies Bündnis für Tirol mit 2 Landtagsabgeordneten. Sie sind beide aktive Mitglieder des Heimatbundes. Man sieht, die abgewanderten Wähler der SVP sind zu den patriotischen Parteien übergegangen. Das ist ein gutes Zeichen. Zu den Verlierern der Wahl gehört neben der SVP auch die Union für Südtirol; sie hat nur mehr ein Restmandat erreicht. Erfreulich am Wahlausgang ist auch, dass die Grünen mit ihrer Vermischungspolitik ebenfalls einen Sitz im Landtag eingebüßt haben.
Die wirtschaftliche und volkstumspolitische Lage in Südtirol ist alles andere als rosig. Die Finanzkrise macht sich jetzt auch bei uns bemerkbar; wenn auch noch in abgeschwächter Form. Aber manche Unternehmen haben schon bereits Entlassungen und Kurzarbeit angekündigt. Die Politiker reden schon lange vom Sparen, nur bei den eigenen Gehältern merkt man nichts davon. Italien ist das Land mit der größten Staatsverschuldung in der EU; es wird von Wirtschaftskrisen und Skandalen gebeutelt wie kein anderes Land in der EU und wir sind auf Gedeih und Verderb mit den Rahmenbedingungen seiner Gesetze verbunden. Da kann uns auch die Autonomie nicht weiterhelfen, vielleicht etwas verzögern. Der Chef des Unternehmerverbandes Christoph Oberrauch hat gesagt, unser Pech sei, dass wir zu diesem maroden Staat gehören! Der Wohlstand in Südtirol gehört der Vergangenheit an. Anstatt vorzusorgen, hat man in Protzbauten wie Flugplatz in Bozen, Mobilitätszentrum in Pfatten, Thermen in Meran, Museum für moderne Kunst in Bozen usw. investiert. Die oft gepriesene Bürgernähe hat man nur bei Sonntagsreden praktiziert, es wurde einfach über die Köpfe der Bürger hinweg regiert.
Die Volkstumspolitik hat in der offiziellen Südtirolpolitik keinen großen Stellenwert mehr. Diesbezüglich gehen wir im Lande einer düsteren Zeit entgegen. Die Regierungspartei hat das Gespür dafür verloren. Ihr Schwerpunkt liegt bei Kompetenzen, Geldbeschaffung und Verwaltung. Sie sieht oder will die vielen Anzeichen der Assimilierung, wie Annäherung der zwei verschiedenen Mentalitäten z.B. im Bereich Sport, Schule, Kindergarten, Mischehen, sowie im Alltagsleben nicht sehen. Wenn der Trend in diesem Tempo weitergeht, dann haben wir nur mehr 10 – 15 Jahre Zeit; danach bekommen wir bei einer Abstimmung keine Mehrheit mehr. Dann sind die vielen Opfer des Freiheitskampfes bei der Landesverteidigung von 1915-1918, gegen den Faschismus sowie in den fünfziger und sechziger Jahre umsonst gewesen. Wer will und kann das verantworten?
Allerdings gibt es bei uns seit einigen Jahren auch erfreuliche Anzeichen und das ist die Jugend! Sehr viele Jugendliche kommen mit der offiziellen Südtirolpolitik nicht mehr zurecht, sie fühlen sich nicht mehr angesprochen, weil sie keine Visionen bietet, es dreht sich alles nur mehr um das goldene Kalb! Wenn es auch nicht die Mehrheit der Jugend ist, aber es sind sehr viele, welche bei den patriotischen Verbänden und Parteien Zuflucht suchen. Sie sind unsere große Hoffnung, weil bei ihnen nicht der Materialismus im Vordergrund steht, sondern der Schutz der Heimat und die Tiroler Kultur!
Die überparteiliche Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung, übrigens vor ca. 3 Jahren vom Südtiroler Heimatbund gegründet, arbeitet aktiv an der Verwirklichung ihres Zieles: „Weg von Italien“! Der Weg ist schwierig und sehr mühsam, aber für dieses Ziel lohnt es sich zu kämpfen. Wir sind uns im Klaren, dass alle deutschen Parteien im Lande, einschließlich der SVP, zusammenarbeiten müssen, sonst ist es nicht durchführbar. Das ist nämlich ein Anliegen aller Südtiroler, deshalb müssen wir alle an einem Stick ziehen. Wir haben mit der SVP im vergangenen Jahr bereits Gespräche in diese Richtung geführt, aber sie ist noch nicht reif, sie schwimmt noch zu sehr im Fahrwasser der Autonomie. Aber auch sie wird durch die Entwicklung im Lande einsehen müssen, dass der Weg der Autonomie volkstumspolitisch und wirtschaftlich in den Abgrund führt. Die römische Politik muss und wird uns dabei allerdings zu Hilfe kommen, denn der italienische Staat hat sein Ziel, uns Südtiroler zu italienisieren, nie aufgegeben! Wenn wir und unsere Kinder als Tiroler südlich des Brenners weiterleben wollen, bleibt uns nur ein Weg: „Los von Italien durch Selbstbestimmung!“
Der Südtiroler Heimatbund wünscht seinen Mitgliedern, Sympathisanten und Landsleuten ein gesegnetes Weihnachtsfest, alles Gute im neuen Jahr, in erster Linie Gesundheit und viel Erfolg in unserem Bemühen, der Freiheit unserer Heimat ein Stück näher zu kommen!
Sepp Mitterhofer
i.A. der Bundesleitung des SHB