Am 24. April 2017 ist Franz Brugger, auch Pusterer Franz genannt, im Kreise seiner Familie friedlich entschlafen. Geboren am 19.2.1924 war er unter anderem auch Gründungsmitglied, Ehrenobmann, Ehrenkapellmeister sowie 60 Jahre Mitglied der Musikkapelle Moos. Am 18. Juli 1961 wurde er an seinem Arbeitsplatz verhaftet und mit anderen von den Carabinieri schwer gefoltert. Er war, wie sich auch später herausstellte, völlig unschuldig.
Nachdem von italienischer Seite aus die Folterungen an den politischen Häftlingen durch die Carabinieri Anfang 2015 wieder einmal geleugnet wurden, schrieb Franz Brugger am 12. Februar für die Dolomiten einen Leserbrief. In diesem schilderte er seine eigenen, persönlichen Erlebnisse in dieser Zeit mit den Carabinieri.
Als nach der Feuernacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 eine landesweite Verhaftungswelle einsetzte, geriet auch Sprengmeister Franz Brugger aus Pill (Moos) ins Visier. In der Carabinieri-Kaserne in Gratsch/ Meran schlug man ihn brutal zusammen und der Maresciallo fügte ihm mit den Fäusten einen Kieferkegelbasisbruch zu.
Im berüchtigten Verhör-Gebäude Hotel Windsor in Meran musste er – wie viele Andere stehend und mit dem Gesicht zur Wand ohne Wasser vier Tage und Nächte auf sein Verhör warten. Was er hier sah und hören musste, war grauenvoll. In einer Zelle traf er den wenige Tage später zu Tode gefolterten Franz Höfler, dessen Kopf und Hals von Hieben mit MP-Läufen grün und blau aufgeschwollen waren. Einem Anderen hatten sie mit Gewehrkolben so die Füße zerquetscht, dass sie nur mehr blutige Klumpen waren.
Ärzte zeigten die Folterungen an, die Betroffenen wurden aufgefordert, ihre Anzeigen zu widerrufen: Brugger sagte man anzugeben, mit dem Kiefer gegen eine Mauer gerannt zu sein. Die Carabinieri wurden nie bestraft.
Franz Brugger hat auf Bitte des Südtiroler Heimatbundes seine bitteren Erlebnisse in dieser Zeit bei einem Interview am 26. Februar 2015 (Aufgenommen von Dr. Franz Haller, http://tirolerland.tv/) erzählt und damit werden sie der Nachwelt erhalten bleiben. Auch konnten noch Zeitungsberichte und Dokumente des damaligen Geschehens gefunden werden.
Mit Franz Brugger ist nunmehr ein weiterer Zeitzeuge verstorben. Aber es ist sicher in seinem Sinne, dass besonders die Jugend erfährt, wie in den sechziger Jahren die Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Denn die Schläge auf hilflose Häftlinge, in einigen Fällen mit bleibenden Schäden oder Tod, warten noch heute zumindest auf eine Entschuldigung durch den italienischen Staat!
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes
Ein Kommentar
Es ist immer wieder erschütternd, von den brutalen Menschenrechts-Verletzungen in Südtirol zu lesen, die in den sechziger Jahren stattfanden, als ich in Deutschland mein Ordens-Leben begann, voller jugendlicher Energie und Sorglosigkeit angesichts des deutschen Wirtschaftswunders. Von Politik erfuhren wir äußerst wenig, erst recht nichts von Südtirol. In der Schule hatte ich gelernt, dass es dort Freiheitskämpfer gab. Aber das war auch alles.
Mich erschüttert jedes Mal zu hören, dass alle Misshandlungen an unschuldigen Südtirolern bis heute keine strafrechtlichen Folgen hatten. Nicht einmal eine Entschuldigungs-Bitte der italienischen Regierungen. Mir ist ganz klar, dass das einfache italienische Volksgruppengebilde aus schlichten Bürgern anders denkt.