Vor 100 Jahren vertrieben ihn die Faschisten aus dem Bozner Rathaus
Vor 96 Jahren, am 17. April 1926, verstarb der letzte deutsche Bürgermeister von Bozen, Dr. Julius Perathoner. Er starb am Samstag, den 17. April 1926, um 15:30 Uhr nachmittags an einer schmerzhaften Krankheit.
Perathoner leitete die Geschicke der Gemeinde Bozen bis Ende September/Anfang Oktober 1922 als der demokratisch gewählte Bozner Gemeinderat durch ein Dekret des italienischen Königs aufgelöst wurde.
Daraufhin erfolgte vor hundert Jahren, am 3. Oktober 1922, die Besetzung des Rathauses durch oberitalienische Faschisten und Nationalisten und die Einsetzung eines deutschfeindlichen Amtsbürgermeisters!
So schied Dr. Perathoner, der Gewalt weichend, aber ungebeugt, aus dem Rathaus.
Reinen Gewissens konnte er die Verwaltung der damals noch mehrheitliche von deutschen Einwohnern bewohnten Stadt abtreten im Bewusstsein, für das Wohl Bozens pflichtgetreu und unermüdlich gearbeitet zu haben.
Während seiner Amtszeit war Perathoner gleichzeitig von 1901 bis 1911 Mitglied des Österreichischen Reichsrats und von 1902 bis 1907 Mitglied des Landtags von Tirol.
Bürgermeister Perathoner sah am Ende des Weltkrieges die schwierige wirtschaftliche Lage und auch das Magistrat Bozen gab wie viele andere Städte ein Notgeld heraus. Es trug die Unterschrift Perathoners und war vom November 1918 bis zum 31. Jänner 1919 gültig.
Die Größe des Politikers Perathoner zeigte sich, als er zunächst nur mit anderen politischen Vertretern aus Stadt und Land Bozen am 4. November 1918 den Nationalrat für Deutsch-Südtirol bildete. Dieser vergrößerte sich aber rasch mit dem Beitritt von Stadt und Land Meran, Brixen und Umgebung, sowie der Bezirke Bruneck und Schlanders. Zum Vorsitzenden wurde Julius Perathoner, „die Persönlichkeit Südtirols“, gewählt.
Damit war Südtirol, wenn auch nur für einige Wochen, ein eigener Staat mit einem eigenen Amtsblatt. Am 16. November proklamierte der Nationalrat in einem eindrucksvollen Akt der Verzweiflung, als bereits italienische Soldaten das Land besetzt hatten, die „Unteilbare Republik Südtirol“. Der Beschluss über die Gründung der „Republik Südtirol“ konnte noch schnell nach New York telegrafiert werden. Der Totengräber Südtirols, Ettore Tolomei, der mittlerweile in Bozen eingetroffen war, verhinderte dann weitere Sitzungen.
Der Name Perathoner ist eng verknüpft mit der Schaffung vieler öffentlicher Bauten und Einrichtungen in Bozen, die heute noch Zeugnis von seiner rastlosen Arbeitsfreude und Tatkraft geben.
Es sei nur an die Mädchenschule (in der Nähe des heutigen Studentenwohnheimes Elisabethinum), an die Kaiserin Elisabethschule (heute ital. Volksschule Dante Alighieri Schule), an das Schulhaus in Oberau (heute italienische Schule), das Stadtmuseum oder an die Talferbrücke oder an die Erschließung der Spaziergänge über die Wassermaurer- und Oswald-Promenade erinnert.
Selbst die Errichtung der ersten Bozner Rettungsgesellschaft (die seine Fortsetzung im heutigen Weiße Kreuz fand), und der Gründung der ersten Versicherungskasse für Dienstboten und vieler anderer wohltätiger und fürsorglicher Einrichtungen geht auf Perathoner zurück. Auch die Gründung der Etschwerke von Bozen und Meran wurde von Perathoner maßgeblich mitgestaltet.
Mehr als ein Vierteljahrhundert (27 Jahre und 7 Monate) stand Dr. Perathoner an der Spitze der Gemeindeverwaltung von Bozen. Versicherung gab es keine, um die musste sich jeder Gemeinderat selbst kümmern. Da Perathoner sehr wenig auf seine Eigeninteressen schaute, sondern stets immer nur das Wohl seiner Bozner Bürger und seines Heimatlandes Tirol vor Augen hatte, hatte 1919 der Gemeinderat vorgegriffen und ihm nach dem Ausscheiden aus der Gemeinde eine kleine Pension als Abfertigung versprochen.
Anlässlich seines 70 Geburtstages am 28. Februar 1919 hatte der Gemeinderat einhellig – also nicht nur der Stimmen der Deutschfreiheitlichen – beschlossen, ihm nach seinem Ausscheiden aus dem Gemeinderat eine lebenslange Pension zugesprochen.
Deren Auszahlung wurde aber nach dem Marsch auf Rom und der Machtübernahme der Schwarzhemden vom Provinzialverwaltungsausschuss in Trient nicht gestattet.
So war Perathoner in seinen letzten Lebensjahren auf sich selbst und die Hilfe seiner Kinder angewiesen.
Perathoner wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ehrenbürger von Bozen ernannt. In Bozen wurde ihm 2012 eine Gedenktafel gewidmet und eine Passage nach ihm benannt. Sein Bild ist im Sitzungssaal des Rathauses angebracht. In Österreich und Deutschland gibt es zahlreiche Städte in denen Straßen nach seinen Namen benannt wurden. Er ist unter anderem auch Ehrenbürger der Stadt Schwaz in Nordtirol.
Bereits 1927 errichteten Tirol verbundene Münchner Bürgerinnen und Bürger ein Denkmal zu Ehren des ehem. Bürgermeisters von Bozen in München-Harlaching am Kuntersweg (Nähe Tiroler Platz), nämlich den “Perathoner-Stein”. Hinter einem unscheinbaren kleinen Gitter findet man die Erklärung zur Errichtung des Gedenkstein: „Herrn Dr. Julius Perathoner, dem wackeren Bürgermeister von Bozen und Hüter deutschen Wesens, …. , von dankbaren Münchnern aus Anlass seiner gewaltsamen Verdrängung vom Amt gewidmet- Ostern 1923“
Am 3. Oktober 1922 verliest Gemeinderat Alois Told die Abschiedsrede des abwesenden Julius Perathoner im Gemeinderat, welche dieser noch am 2. Oktober aufgesetzt hatte:
“Wenn nicht alle Anzeichen trügen, geht die deutsche Bevölkerung von Bozen sehr trüben Zeiten entgegen”.
Diese Aussage hat sich leider bewahrheitet und wird und uns auch bei der Gedenkfeier am 1. Oktober für Perathoner und gegen den Faschismus am Rathausplatz in Bozen begleiten, schließt SHB-Obmann Roland Lang.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes